Seit dem BAG-Urteil 2022 gilt in Deutschland eine gesetzliche Pflicht zur Arbeitszeiterfassung – Arbeitgeber müssen Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit aller Beschäftigten vollständig dokumentieren. Wir erläutern hier alle wichtigen gesetzlichen Grundlagen und was Unternehmen jetzt beachten müssen.
Bis vor kurzem mussten viele Arbeitgeber nur Überstunden oder Sonntagsarbeit dokumentieren. Das hat sich geändert: Seit September 2022 sind Unternehmen verpflichtet, sämtliche Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu erfassen. Auslöser dafür waren zwei Gerichtsentscheidungen – auf EU-Ebene und in Deutschland. Ihr Kernergebnis: Jedes gearbeitete Stück Zeit zählt rechtlich mit. Eine Studie zeigte, dass 21 % der Beschäftigten zuvor keinerlei Stunden erfasst haben. Dieses Graufeld soll durch die neue Zeiterfassungspflicht verschwinden. (Mehr dazu in unserem Blogartikel „Stechuhr-Urteil und BAG-Entscheidung 2022“.)
Europäischer Impuls: Im Mai 2019 fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) das wegweisende „Stechuhr-Urteil“. Darin wurde entschieden, dass Arbeitgeber die täglich geleistete Arbeitszeit vollständig erfassen müssen. Ziel ist es, gesundheitsgefährdende Überarbeitung zu verhindern und faire Arbeitsbedingungen sicherzustellen. Die EU-Staaten wurden verpflichtet, entsprechende Gesetze zu schaffen. Deutschland hatte bis dahin nur vage Regeln – das EuGH-Urteil baute Druck auf, diese Lücke im Arbeitsschutz zu schließen.
Nationaler Durchbruch: Am 13. September 2022 stellte das Bundesarbeitsgericht (BAG) schließlich klar, dass in Deutschland ab sofort eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht. Das Urteil bezog sich auf §3 Abs.2 Nr.1 ArbSchG: Demnach muss der Arbeitgeber ein System einführen und anwenden, mit dem die Arbeitszeit der Arbeitnehmer verlässlich erfasst werden kann. Damit war eindeutig: Alle geleisteten Stunden – nicht nur Überstunden – müssen aufgezeichnet werden. Die Entscheidung sorgte für Klarheit und „weckte“ viele Unternehmen, die bisher auf Vertrauensarbeitszeit ohne Dokumentation gesetzt hatten.
Grund für die Pflicht: Warum dieser Aufwand? Ganz einfach: Ohne lückenlose Zeiterfassung lassen sich Arbeitszeitverstöße kaum nachweisen oder verhindern. Die neue Pflicht dient dem Arbeitnehmerschutz – Überlange Arbeitszeiten, fehlende Pausen oder unbezahlte Überstunden sollen sichtbar und damit abstellbar werden. Langfristig profitieren auch Arbeitgeber: Klare Zeitaufzeichnungen vermeiden Streit über Überstunden und schaffen Transparenz. Der Gesetzgeber bzw. die Rechtsprechung hat also zugunsten fairer, gesünderer Arbeitsbedingungen entschieden.
Arbeitszeitgesetz (ArbZG): Das ArbZG regelt seit langem die Rahmenbedingungen der Arbeitszeit. Zentral ist §3 ArbZG: max. 8 Stunden pro Werktag (ausnahmsweise bis 10 Stunden mit Ausgleich). Für die Dokumentation war bislang §16 Abs.2 ArbZG relevant: Arbeitgeber mussten die werktägliche Arbeitszeit über acht Stunden sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit aufzeichnen. Diese Aufzeichnungen sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren und auf Verlangen den Behörden vorzulegen. Wichtig: Die alte Gesetzeslage verlangte nicht, die normalen Arbeitsstunden bis 8h festzuhalten – eine deutliche Beschränkung, die nun überholt ist.
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Hier kommt §3 Abs.2 Nr.1 ArbSchG ins Spiel. Dieser Paragraph verpflichtet Arbeitgeber, eine geeignete Organisation für den Arbeitsschutz bereitzustellen. Das BAG hat diese Vorgabe unionsrechtskonform ausgelegt: Ein geeignetes Arbeitsschutz-Management umfasst auch ein System zur Arbeitszeiterfassung. Obwohl im ArbSchG das Wort „Arbeitszeit“ nicht explizit auftaucht, wird es nun so interpretiert, dass ohne Zeiterfassung kein umfassender Arbeitsschutz möglich ist. Diese Auslegung diente dem BAG als Hebel, um die EuGH-Vorgaben direkt in deutsches Recht zu übertragen – de facto ohne dass der Bundestag ein neues Gesetz erlassen hat.
Aktueller Status: Derzeit hat Deutschland (Stand Anfang 2025) noch keine explizite neue Gesetzesnorm zur generellen Zeiterfassungspflicht im ArbZG. Ein entsprechender Gesetzesentwurf liegt jedoch vor (siehe nächster Abschnitt). Bis zu dessen Verabschiedung gilt die Pflicht auf Basis der Rechtsprechung. Das Bundesministerium für Arbeit (BMAS) stellt klar: Arbeitgeber dürfen nicht abwarten, sondern müssen „bereits heute“ die gesamte Arbeitszeit aufzeichnen. Wer also nach einer Gesetzeslücke sucht, wird enttäuscht – das geltende Recht wird durch die Urteile definiert. Zur Absicherung hat das BMAS 2023 vorgeschlagen, die Aufzeichnungspflicht ausdrücklich ins ArbZG zu schreiben. Diese Novelle verzögert sich zwar politisch, doch ihre Inhalte zeichnen sich ab (Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung, Ausnahmen für Kleine usw.). Rechtsverbindlich ist aber schon jetzt: Ohne Arbeitszeiterfassung verstößt ein Arbeitgeber gegen seine Pflichten!
Geltungsbereich & Ausnahmen: Die beschriebenen Grundlagen gelten für fast alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Deutschland. Das ArbZG und ArbSchG erfassen alle Branchen und Beschäftigungsarten – ob Vollzeit, Teilzeit oder Minijob. Wichtig: Leitende Angestellte (hochrangige Führungskräfte) unterliegen dem ArbZG nicht und sind daher von der Pflicht ausgenommen. Für sie gelten andere Regeln, da sie ihre Arbeitszeit meist frei gestalten (ähnlich wie Geschäftsführer). Auch bestimmte Branchen mit eigenen Arbeitszeitregelungen (z.B. der Transportsektor mit Lenkzeitverordnungen) können Sondervorschriften haben. Im Grundsatz aber steht fest: Quer durch alle Unternehmen ist die Erfassungspflicht Teil der gesetzlichen Grundlagen, die jeder Arbeitgeber kennen muss.
Der Stein des Anstoßes – EuGH 2019: Viele nennen es das „Stechuhr-Urteil“. Am 14. Mai 2019 entschied der Europäische Gerichtshof, dass die EU-Mitgliedstaaten Arbeitgeber verpflichten müssen, objektive und verlässliche Systeme zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit einzuführen. Hintergrund war eine Klage einer spanischen Gewerkschaft: Ohne vollständige Zeiterfassung ließen sich Überstunden und Ruhezeiten kaum nachweisen, was gegen die EU-Arbeitszeitrichtlinie verstößt. Der EuGH gab der Gewerkschaft recht. Damit stand fest, dass auch Deutschland handeln muss. Entscheidend: Der EuGH formulierte zwar das Ziel (System zur Zeiterfassung), überließ aber den Ländern Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung. Deutschland nutzte diesen Spielraum zunächst nicht – was zur Unsicherheit führte, ob nun sofort alle erfassen müssen oder nicht.
Klartext vom Bundesarbeitsgericht – 2022: Das Bundesarbeitsgericht beendete diese Unklarheit mit seinem Beschluss vom 13. 09. 2022. In dem Fall stritt ein Betriebsrat darüber, ob er die Einführung einer Zeiterfassungs-Software erzwingen kann. Das BAG entschied: Ein Initiativrecht des Betriebsrats besteht nicht, weil der Arbeitgeber ohnehin gesetzlich zur Zeiterfassung verpflichtet ist. Diese Verpflichtung leitet das Gericht – wie oben erläutert – aus dem Arbeitsschutzgesetz ab, im Lichte des EU-Urteils. Wichtig an der BAG-Entscheidung ist, dass sie unmittelbare Geltung reklamierte: Zwar hat der Gesetzgeber das ArbZG noch nicht angepasst, aber laut BAG müssen Arbeitgeber trotzdem jetzt schon handeln. Damit wurde der ausstehende politische Prozess quasi „vorweggenommen“. Das BAG bestätigte außerdem ausdrücklich: Die EuGH-Vorgaben gelten in allen EU-Ländern und somit gleichermaßen in Deutschland.
Konkretisierung durch die Urteilsgründe: Im Dezember 2022 veröffentlichte das BAG die ausführliche Urteilsbegründung. Daraus ergaben sich weitere wichtige Punkte für Arbeitgeber:
– Die Pflicht gilt definitiv seit dem 13. 09. 2022 – ab diesem Datum muss jeder Arbeitgeber ein System nutzen.
– Bereitstellen reicht nicht: Das System muss auch tatsächlich angewandt werden (d.h. es genügt nicht, eine Stechuhr ins Eck zu stellen – es muss aufgezeichnet werden).
– Freie Wahl der Form: Das BAG schreibt (noch) nicht vor, ob analog oder digital erfasst wird. Arbeitgeber können selbst entscheiden, wie sie die Pflicht erfüllen – Hauptsache, vollständig und korrekt.
– Betriebsrat-Beteiligung: Wenn der Arbeitgeber nun ein Zeiterfassungssystem einführt, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bezüglich der Ausgestaltung (z.B. Auswahl der Software), aber er kann die Einführung an sich nicht mehr verweigern.
Durch diese Klarstellungen wussten Unternehmen, woran sie sind. Kurzum: Seit dem EuGH- und BAG-Urteil gibt es kein Zurück mehr – Arbeitszeiten müssen erfasst werden, und zwar umfassend. Diese Rechtsprechung bildet bis zur Gesetzesänderung die De-facto-Grundlage der Zeiterfassung in Deutschland.
Umfang der Dokumentation: Laut BAG und EuGH müssen Arbeitgeber Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jedes Mitarbeiters erfassen. Dazu gehört auch die Gesamtdauer der Pausen und Überstunden – letztlich also alle Zeiten, die für die Einhaltung der Höchstarbeitszeit und Ruhezeiten relevant sind. Zwar sind Details zur Dokumentation im Gesetz noch nicht endgültig festgelegt, doch in der Praxis bedeutet das: Wann der Mitarbeiter kommt, wann er geht und wie lange er arbeitet, muss festgehalten werden. Bei Schichtarbeit oder festen Arbeitszeiten lässt sich das leicht bestimmen. In flexiblen Modellen (Gleitzeit) müssen Beschäftigte entsprechend die Zeiten eintragen. Wichtig ist, dass aus den Aufzeichnungen die tägliche Arbeitsdauer klar hervorgeht – typisch also z.B.: „8:00–16:30, Pause 30 min, gearbeitete Zeit 8 Std.“. Bloße Angaben wie „8 Stunden gearbeitet“ reichen nicht, da Pausen und Lage der Zeit fehlen. Arbeitgeber sollten zudem Ruhepausen ab 30 Minuten mit erfassen, um zu belegen, dass gesetzliche Pausenvorschriften eingehalten wurden. Praktisch alle verbreiteten Zeiterfassungssysteme (ob Stundenzettel oder Software) sehen entsprechende Felder vor.
Form und Methode: Aktuell schreibt kein Gesetz eine bestimmte Erfassungsmethode vor. Papier, Excel oder digitale App – alles ist zulässig, solange die Arbeitszeiten korrekt dokumentiert werden. Die BMAS-FAQ betont, dass es derzeit keine Formvorschrift gibt; notfalls kann sogar handschriftlich erfasst werden. Unternehmen haben also die Wahl, wie sie die Pflicht erfüllen. Sie können die Arbeitszeiterfassung auch an die Arbeitnehmer delegieren (Selbsteintrag), müssen aber für Ordnung und Verlässlichkeit sorgen. In vielen Firmen ist es üblich, dass Mitarbeiter ihre Zeiten selbst stempeln oder digital buchen – das ist weiterhin erlaubt. Entscheidend: Der Arbeitgeber bleibt verantwortlich, dass die Zeiten vollständig und richtig erfasst werden. Er muss also kontrollieren, dass niemand schludert oder manipuliert. Das BAG stellt klar: Es reicht nicht, ein System „freiwillig zur Verfügung“ zu stellen – der Chef muss dessen Nutzung auch durchsetzen. Kurzum, ein formal vorhandenes, aber ignoriertes Zeiterfassungstool erfüllt die Pflicht nicht.
Aufbewahrung & Auswertung: Arbeitgeber müssen die aufgezeichneten Arbeitszeiten mindestens 2 Jahre lang aufbewahren. Diese Pflicht stammt aus §16 ArbZG und dürfte auch künftig gelten. Die Daten sollten geordnet (pro Mitarbeiter) vorliegen und auf Verlangen der Aufsichtsbehörde vorgezeigt werden können. Zuständige Kontrollbehörden sind meist die Gewerbeaufsichtsämter bzw. Arbeitsschutzämter der Länder. Sie können stichprobenartig Betriebe prüfen. Liegen keine oder unvollständige Aufzeichnungen vor, drohen erst Aufforderungen zur Nachbesserung und in letzter Konsequenz Bußgelder. Wie hoch? Das hängt vom Einzelfall ab – es gibt im ArbZG Obergrenzen (z.B. bis 30.000 € für bestimmte Verstöße). Bisher wurde Fehlen der Zeiterfassung (außer bei Überstunden) mangels klarer Pflicht selten sanktioniert. Das wird sich nun ändern: Wer dauerhaft gegen die Arbeitsschutzvorgaben verstößt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Zusätzlich können auch zivilrechtliche Nachteile entstehen – z.B. Gerichtsverfahren wegen unbezahlter Überstunden, bei denen fehlende Aufzeichnungen die Beweislast dem Arbeitgeber aufbürden.
Die bereits erwähnte Gesetzesnovelle wird die Pflichten voraussichtlich noch konkreter fassen. Ein im April 2023 publik gewordener Referentenentwurf des BMAS sieht vor: Arbeitszeiten sollen künftig täglich und elektronisch erfasst werden. Konkret müssten Arbeitgeber dann Beginn, Ende und Dauer am selben Tag digital aufzeichnen (z.B. per Software oder Stechuhr). Kleinere Betriebe sollen Übergangsfristen erhalten: Unternehmen mit >250 Mitarbeitern hätten ab Inkrafttreten 1 Jahr Zeit, auf elektronisch umzustellen; Betriebe <250 MA bekämen 2 Jahre, und Betriebe <50 MA sogar 5 Jahre Übergangszeit. Micro-Unternehmen mit max. 10 Mitarbeitern sollen dauerhaft von der verpflichtenden elektronischen Form ausgenommen bleiben – sie dürfen auch weiterhin auf Papier erfassen. Außerdem können per Tarifvertrag Ausnahmen vereinbart werden (z.B. andere Aufzeichnungsmodalitäten oder spätere Nachträge). Wichtig: Diese möglichen Erleichterungen bedeuten nicht, dass Kleinstbetriebe gar nicht erfassen müssten – sie müssen es nur nicht zwingend elektronisch tun. Der Entwurf betont ebenfalls, dass Vertrauensarbeitszeit trotz elektronischer Erfassung möglich bleibt. Wann diese Gesetzesänderung in Kraft tritt, war aufgrund politischer Abstimmungen Ende 2024 noch unklar. Experten rechnen aber damit, dass 2025 ein neues „Arbeitszeiterfassungsgesetz“ kommt. Unternehmen sollten sich daher jetzt schon mit digitalen Lösungen befassen – wer später umstellt, riskiert Zeitdruck und eventuelle Umstellungsprobleme.
Viele Arbeitgeber fragen sich aktuell, ob sie ihr bestehendes Zeiterfassungssystem komplett austauschen müssen. Doch oft genügen bereits kleinere Anpassungen, um gesetzeskonform zu sein. Beispiele für geeignete Lösungen sind:
Mobile Apps speziell fürs Homeoffice
Vertrauensarbeitszeit weiter erlaubt? Ja – das Arbeitszeitmodell der Vertrauensarbeitszeit kann auch unter der neuen Pflicht bestehen bleiben. Bei Vertrauensarbeitszeit vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass die Erfüllung der Arbeitsaufgaben im Vordergrund steht und die Mitarbeiter ihre Arbeitszeit weitgehend flexibel selbst einteilen können. Wichtig ist: Vertrauen heißt nicht Verzicht auf Aufzeichnung. Auch in Vertrauensmodellen muss jetzt die tatsächlich geleistete Zeit dokumentiert werden. Das BMAS stellt klar, dass eine Dokumentation der Arbeitszeit einer Vertrauensarbeitszeit nicht im Wege steht. Praktisch bedeutet das: Mitarbeiter können weiterhin frei entscheiden, wann sie z.B. früh anfangen oder spät aufhören – aber die Zeiten werden eben festgehalten. Für viele Firmen ist das ein Kulturwandel. Dennoch lässt sich Vertrauensarbeitszeit mit minimalem administrativem Aufwand verbinden, etwa indem Beschäftigte selbst via App ihre Start-/Endzeiten buchen. Das Vertrauensprinzip (keine minutengenaue Kontrolle durch den Chef) bleibt erhalten, solange niemand die erfassten Daten zur Mikro-Kontrolle missbraucht. Am Ende geht es um Erfüllung der gesetzlichen Pflicht, nicht um Misstrauen gegenüber Mitarbeitern.
Mobile Arbeit & Homeoffice: Die Arbeitszeiterfassung gilt unabhängig vom Arbeitsort. Ob im Büro, in der Produktion, im Homeoffice oder unterwegs – die gesetzlichen Vorgaben zu Höchstarbeitszeit und Ruhezeiten gelten überall gleichermaßen. Folglich müssen auch im Homeoffice Arbeitszeiten erfasst werden. Viele Betriebe ohne Zeiterfassung taten sich hier bislang schwer, da sie Mitarbeiter außerhalb des Büros nicht „stechen“ lassen konnten. Die neue Pflicht zwingt zu Lösungen: Mobile Zeiterfassung per Smartphone-App oder Web-Tool ist eine naheliegende Antwort. So können z.B. Außendienstler oder Remote-Mitarbeiter ihre Zeiten eigenständig eingeben, was vom System dokumentiert wird. Wichtig: Auch bei Remote-Erfassung bleibt der Arbeitgeber in der Pflicht, die Korrektheit zu gewährleisten – etwa durch Stichproben oder klare Regeln (z.B. dass Arbeitsbeginn und -ende am selben Tag einzutragen sind). Die Lage der Arbeitszeit kann bei völlig freier Zeiteinteilung (z.B. Vertrauensarbeit im Homeoffice) unter Umständen nebensächlich sein – hier reicht es, zumindest die Gesamtdauer pro Tag zu erfassen. Doch um Rechtssicherheit zu haben, empfiehlt es sich, dennoch Start und Ende zu protokollieren, zumal Pausen so automatisch mit abgedeckt werden.
Wer ist ausgenommen? Grundsätzlich gilt die Aufzeichnungspflicht für die meisten Arbeitnehmer. Es gibt jedoch einige Ausnahmen und Sonderfälle:
– Leitende Angestellte/Geschäftsführer: Personen in Spitzenpositionen, die nicht dem ArbZG unterliegen, sind von der Pflicht faktisch ausgenommen. Ihre Arbeitszeit ist oft nicht geregelt und gesetzlich nicht begrenzt – folglich besteht keine Doku-Pflicht. Unternehmen können natürlich freiwillig auch ihre Führungskräfte Zeiten erfassen lassen, aber ein Zwang besteht nicht.
– Tarifliche Sonderregeln: Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung können bestimmte abweichende Regelungen getroffen werden. Beispielsweise könnten Tarifpartner vereinbaren, dass in einer Branche die Arbeitszeitdokumentation in Papierform genügt oder ein Nachtrag der Zeiten am nächsten Tag erlaubt ist. Solche Öffnungsklauseln sind im kommenden Gesetz vorgesehen. Nicht möglich ist jedoch ein völliger Verzicht: Weder Gewerkschaft noch Betriebsrat dürfen beschließen, dass in einem Betrieb gar keine Zeiterfassung stattfindet – das wäre gesetzeswidrig.
– Branchen mit eigenen Systemen: In einigen Bereichen existieren bereits besondere Arbeitszeitnachweise, z.B. im Transportwesen (Tachographen für Lenkzeiten) oder im Baugewerbe (Meldepflichten zur Schwarzarbeitsprävention). Diese erfüllen meist die Anforderungen, so dass keine doppelte Erfassung nötig ist. Dennoch müssen auch hier die Grunddaten (Arbeitsstunden) vorliegen.
– Kleine Unternehmen: Kleinbetriebe sind aktuell nicht von der Pflicht befreit – auch ein 5-Mann-Betrieb muss Arbeitszeiten erfassen. Lediglich für die Umstellung auf elektronische Systeme sind – wie oben beschrieben – längere Fristen geplant. Es gilt der Grundsatz: Kein Betrieb ist zu klein für die Aufzeichnungspflicht. Gerade in kleinen Firmen mag die Informalität bisher groß gewesen sein („Man kennt seine Leute“), doch nun ist zumindest eine einfache Dokumentation (z.B. Stundenzettel) unerlässlich.
Unterm Strich sind Ausnahmen also selten und eng begrenzt. Die meisten Arbeitgeber in Deutschland müssen jetzt handeln, unabhängig von Größe oder Branche. Wer unsicher ist, sollte prüfen, ob eventuell ein Tarifvertrag besondere Regelungen enthält – aber das ändert in den seltensten Fällen die Pflicht an sich, sondern höchstens wie erfüllt wird.
Freie Wahl der Mittel: Noch dürfen Arbeitgeber selbst entscheiden, wie sie die Zeiterfassung praktisch umsetzen. Zwei Hauptwege stehen offen: analog (z.B. Stundenzettel, Excel-Listen, Stechuhr mit Karte) oder digital (Zeiterfassungssoftware, Apps, elektronische Terminals). Wichtig ist, dass das gewählte System objektiv und verlässlich funktioniert. Ein einfaches Formular zum Ausfüllen kann genügen – es muss aber gegen Manipulationen geschützt sein (z.B. nachträgliche Änderungen kenntlich machen). Digitale Lösungen haben hier Vorteile: Sie protokollieren Zeiten manipulationssicher und automatisch. Der EuGH forderte ein System, das fälschungssicher und zugänglich ist. Eine gute Zeiterfassungssoftware erfüllt diese Kriterien out of the box. Doch auch eine mechanische Stechuhr oder eine gut geführte Excel-Liste kann die Mindestanforderungen erfüllen, solange sie gewissenhaft genutzt wird. Praxis-Tipp: Unternehmen sollten bei analogen Methoden regelmäßige Kontrollen einplanen, um Fehler oder Lücken zeitnah aufzudecken – denn die Verantwortung für die Richtigkeit liegt beim Arbeitgeber.
Vorteile digitaler Systeme: Die Umstellung auf digitale Zeiterfassung bietet nicht nur Rechtssicherheit, sondern spart auf Dauer Zeit und Nerven. Moderne HR-Software kann Arbeitszeiten minutengenau erfassen und automatisch auswerten. Überstunden, Urlaubs- und Krankheitstage, Projektzeiten – all das lässt sich per Klick nachvollziehen. Für HR-Abteilungen entfallen manuelle Rechenarbeiten; Fehlzeiten und Mehrarbeit werden transparent. Im Falle einer Prüfung sind die Daten sofort griffbereit, sauber archiviert und meist DSGVO-konform gespeichert. Zudem ermöglichen viele Tools Self-Service für Mitarbeiter (z.B. Buchung per Smartphone-App) und Freigabeworkflows für Vorgesetzte. Das reduziert den Verwaltungsaufwand erheblich. WeFirm etwa bietet als modulare HR- und Projektsoftware eine integrierte Zeiterfassung, die sich an Gleitzeit, Homeoffice oder individuelle Arbeitszeitmodelle flexibel anpasst. So können Unternehmen die gesetzlichen Vorgaben erfüllen, ohne starre Prozesse einzuführen. Insgesamt gilt: Ein digitales System sorgt für Genauigkeit und Effizienz, wo manuell Fehler passieren könnten. Es lohnt sich also, die einmalige Investition zu tätigen – nicht zuletzt, um sich für die zukünftige Pflicht zur elektronischen Erfassung zu rüsten.
Datenschutz & Mitarbeiterakzeptanz: Bei allen technischen Möglichkeiten darf der Datenschutz nicht vernachlässigt werden. Arbeitszeitdaten sind personenbezogene Daten, die sensibel behandelt werden müssen. Zugriff darauf sollte nur autorisierten Personen (z.B. Personalabteilung, direkte Vorgesetzte) gewährt werden. Eine vollständige Überwachung der Mitarbeiter ist unzulässig – z.B. ist es nicht erlaubt, mittels Zeiterfassung gleichzeitig den Aufenthaltsort per GPS ohne Zustimmung zu tracken. Unternehmen sollten transparente Regeln aufstellen, welche Daten erfasst werden (nur Arbeitszeiten, keine inhaltlichen Leistungskontrollen) und wie lange die Daten gespeichert bleiben. Tipp: Speichern Sie Zeiterfassungsdaten nicht länger als nötig. Gesetzlich sind 2 Jahre vorgeschrieben; viele Experten empfehlen, Daten nach 2–3 Jahren zu löschen, sofern kein Rechtsstreit anhängig ist, um DSGVO-Grundsätzen zu genügen. Mitarbeiter haben das Recht, Auskunft über ihre erfassten Stunden zu erhalten – gute Systeme ermöglichen den Beschäftigten direkt Einsicht in ihre Zeitkonten. Das fördert auch die Akzeptanz: Die Einführung einer Zeiterfassungssoftware gelingt am besten, wenn die Belegschaft den Nutzen erkennt (gerechtere Zeitausgleiche, bessere Übersicht über eigene Überstunden). Change Management ist hier wichtig: Schulen Sie Ihre Mitarbeiter und betonen Sie, dass es um gesetzliche Compliance und ihren Schutz geht, nicht um Misstrauen. Dann wird die Zeiterfassung vom lästigen Muss zum normalen Bestandteil des Arbeitsalltags.
Österreich: Bei unserem Nachbarn ist die Arbeitszeiterfassung schon lange Pflicht – konkret fordert §26 des Arbeitszeitgesetzes (AZG), dass Arbeitgeber für jede/n Arbeitnehmer/in Beginn und Ende der Arbeitszeit aufzeichnen. Diese Aufzeichnungspflicht gilt für alle Betriebe, also auch für Kleinstunternehmen. Das Arbeitsinspektorat kontrolliert die Einhaltung und kann bei Verstößen Strafen verhängen. Interessant ist eine Besonderheit: Wenn im Betrieb eine fixe Arbeitszeiteinteilung schriftlich festgelegt ist (z.B. fester Schichtplan), muss nicht jede einzelne Stunde aufgezeichnet werden. In solchen Fällen genügt es, am Ende der Lohnperiode zu bestätigen, dass laut Plan gearbeitet wurde – nur Abweichungen (Überstunden, Verspätungen etc.) müssen dokumentiert werden. Das erspart in klassischen Nine-to-Five-Jobs etwas Bürokratie. Bei Gleitzeit oder Außendienst darf der Arbeitnehmer die Aufzeichnungen selbst führen, doch der Arbeitgeber bleibt verantwortlich und muss kontrollieren. Auch im Homeoffice gilt in Österreich: Es sind zumindest die täglichen Arbeitsstunden festzuhalten – Details zur Lage können entfallen, was als „Saldoaufzeichnung“ bekannt ist. Insgesamt ist Österreich also bereits sehr nahe an dem, was in Deutschland jetzt kommt: Lückenlose Dokumentation, mit kleinen Erleichterungen für starre Arbeitszeitmodelle.
Schweiz: In der Schweiz besteht ebenfalls eine gesetzliche Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, verankert im Arbeitsgesetz (ArG) seit 1966. Arbeitgeber müssen Unterlagen führen, aus denen Beginn, Ende und Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sowie Pausen >=30 Min und Ruhetage ersichtlich sind. Das heißt, alle relevanten Arbeitszeitdetails sind zu protokollieren – „Ich habe 8,5h gearbeitet“ allein würde nicht genügen. Diese Aufzeichnungen müssen mind. 5 Jahre aufbewahrt werden. Allerdings hat die Schweiz 2016 auf Druck der Sozialpartner zwei alternative Modelle eingeführt: den Verzicht auf Zeiterfassung (Art. 73a ArGV1) und die vereinfachte Zeiterfassung (Art. 73b ArGV1). Vom kompletten Verzicht können nur leitende Angestellte und hochqualifizierte Fachkräfte Gebrauch machen, die über große Autonomie verfügen, über CHF 120’000 verdienen und schriftlich darauf verzichten – und auch nur, wenn ein Gesamtarbeitsvertrag das erlaubt. Die vereinfachte Erfassung bedeutet, dass bei Mitarbeitern mit relativ freier Arbeitszeitgestaltung lediglich die tägliche Gesamtarbeitszeit aufgezeichnet wird, ohne detaillierte Lage. Diese Option kann in kleinen Betrieben (<50 MA) individuell mit jedem Mitarbeiter vereinbart werden, in größeren nur via Kollektivvereinbarung. Abgesehen von diesen Ausnahmen gilt auch in der Schweiz: Standard ist die detaillierte Zeiterfassung für alle, und die Verantwortung liegt beim Arbeitgeber. Die Behörden kontrollieren mittlerweile stichprobenartig und ahnden Verstöße, nachdem das Thema lange lax gehandhabt wurde. Für international tätige Unternehmen im DACH-Raum bedeutet das: In allen drei Ländern bewegt man sich auf vergleichbare Anforderungen zu – mit teils unterschiedlichen Nuancen, aber dem gleichen Grundprinzip.
Arbeitgeber in Deutschland sind gesetzlich angehalten, Arbeitszeiten lückenlos zu erfassen, um Überlastung zu vermeiden und die Arbeitszeitgesetze einzuhalten. Die aktuellen Urteile von EuGH und BAG haben Fakten geschaffen – Unternehmen sollten spätestens jetzt aktiv werden. Eine digitale Zeiterfassungslösung wie WeFirm kann Ihnen dabei helfen, diese Pflicht effizient und fehlerfrei umzusetzen. Sie profitieren von automatisierten Aufzeichnungen, Transparenz für alle Beteiligten und der Gewissheit, rechtssicher zu handeln.
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